Von
seiner abenteuerlichen Reise berichtet der Ritter John Mandeville in
einer Handschrift des frühen 15. Jahrhunderts mit fantastischer
Buchmalerei aus Nordfrankreich. Ganze 168 Seiten füllt die 30-jährige
Weltreise ins Heilige Land, den Fernen Osten und das Königreich des
mythischen Priesters Johannes. Ingesamt 74 entzückende Miniaturen
bebildern diese romanhafte Schilderung. Sie stammen von drei der
talentiertesten Buchmaler ihrer Zeit: Dem Mazarin-Meister, dem Meister
der Cité des Dames und dem Egerton-Meister. Als Schreiber ist der
Benediktinermönch Jean d’Ypres bekannt, hinter dem sich vielleicht sogar
das Pseudonym John Mandeville versteckt.
Die Reisen des Ritters John Mandeville
Aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt eine bezaubernde Pergament-Handschrift mit gotischer Buchmalerei aus Nordfrankreich. Auf 168 Seiten schildert der Ritter John Mandeville seine 30-jährige Abenteuerreise, die von 74 kleinformatigen Miniaturen bebildert wird. Diese kleinen Kunstwerke stammen von dem Mazarin-Meister, dem Meister der Cité des Dames und dem Egerton-Meister. All drei waren zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Paris tätig und lassen sich nur mit Notnamen benennen. Neben fantasievollen Darstellungen schmücken Ranken aus stilisierten Blättern in Rot und Blau die jeweils linke Seite des Textes. Als Schreiber ließ sich der Benediktinermönch Jean d’Ypres identifizieren, der vielleicht sogar selbst hinter dem Pseudonym John Mandeville steckt.
Eine mittelalterliche Weltreise
Die in der Ich-Form verfasste Schilderung der Reise lässt sich in zwei Teile gliedern: Der Erste beschreibt die Pilgerwege nach Jerusalem und in den Nahen Osten und der Zweite die Entdeckungsreise in den Mittleren Osten, Indien, China, Afrika und in das Königreich des Priesters Johannes. Bei der romanhaften Schilderung fällt auf, dass die Geschichten umso fantastischer und abenteuerlicher werden, je weiter sich der Ritter John Mandeville von Europa entfernt. Beispielsweise berichtet er von Äthiopiern, die nur einen großen Fuß
haben und diesen bei Regen zum Schutz über den Kopf strecken. Dass er
selbst all diese fernen Länder bereist hat ist sehr unwahrscheinlich.
Vielmehr hat sich Mandeville von zahlreichen literarischen Werken, wie
der Artussage oder der Legenda Aurea, inspirieren lassen.
Drei wahre Meister ihres Faches
Anstelle
eines einzigen Meisters und seiner Werkstatt, waren an dieser
exzellenten Ausstattung gleich drei talentierte Buchmaler beteiligt.
Eine klare Händescheidung ist jedoch wie immer sehr schwierig. Der Mazarin-Meister ist nach einem von ihm um 1420 ausgemalten Stundenbuch benannt, das sich im 17. Jahrhundert im Besitz des Kardinals Jules Mazarin (1602–1661) befand. Der Meister der Cité des Dames war von etwa 1400 bis 1415 mit seiner Werkstatt in Paris tätig und illustrierte mehrere Manuskripte der „Cité des Dames“. Der Egerton-Meister stammte wohl aus Flandern
und war ebenfalls um 1400 in Paris tätig. Er verdankt seinen Notnamen
dem um 1410 ausgestatteten Stundenbuch der Sammlung des englischen
Adeligen Francis Henry Egerton (1756–1829).